Wo fangen wir an, um von Mljet zu berichten? So viel gibt es dort zu entdecken. Wir beginnen geografisch im Westen der Insel und zeitlich bei den Römern. Sicher, wir könnten noch weiter zurückgreifen. Wir könnten von Odysseus erzählen, der auf Mljet von der Nymphe Calypso festgehalten wurde. Oder vom Apostel Paulus, von dem man an vielen Orten im Mittelmeer hört, dass er hier Schiffbruch erlitt oder dort verprügelt wurde oder beides. So auch auf Mljet. Er war wohl ein streitsüchtiger Herumtreiber und hat im Auftrag des Herrn kein gutes Händchen für die Wahl seiner Mitfahrgelegenheiten bewiesen.
Doch wir beginnen mit dem Dichter Oppian, dem Sohn eines reichen Römers, der von Kaiser Septimius Severus auf die Insel verbannt wurde. Wir beginnen in dem kleinen Dorf Polače im Westen von Mljet. Der Name bedeutet Palast. Und man findet noch heute die Ruinen eines Herrenhauses aus der Zeit der Römer in dem kleinen Dorf. Im Vergleich zu den Palästen Roms eher klein, doch hier auf der Insel mochte das herrschaftliche Anwesen durchaus als Palast durchgegangen sein.
Unterschiedliche Quellen schreiben ihn mal dem Statthalter der Insel, mal dem einen oder anderen Politiker zu, doch uns gefällt die Idee, dass es sich um den Palast von Oppians Vater handelt. Für den Dichter wurde der Ort der Verbannung zum Quell der Inspiration. Hier schreib er Verse über das Meer und die Fischerei, die sogar den späteren Kaiser Karakul in Rom erreichten. Dieser war von den Gedichten so begeistert, dass er die Verbannung beendete. Ob Vater und Sohn die Insel verlassen haben und zurück nach Rom gegangen sind?
Urlaubsort Polace im Nationalpark MljetIn Polače mieten wir uns Fahrräder um den Nationalpark zu erkunden, der den gesamten Nordwestteil der Insel einnimmt. Mljet gilt als eine der grünsten Mittelmeerinseln und die Griechen nannten sie melite nesos – Honiginsel. Was nur wenige wissen: Winzig ist der Nationalpark, wenn man die Zahl von 54 Quadratkilometern liest, aber riesig im Inselvergleich. Denn der Natur- und Nationalpark macht ca. 79% der Gesamtinselfläche aus. Der Nordwesten der Insel ist bereits 1910 zum Naturpark und 1959 zum Nationalpark erklärt worden. Sehr weitsichtig gehandelt, verglichen mit dem späten Naturschutz in Deutschland und in Zentraleuropa.Oberhalb des Ortes liegen die Ruinen einer altchristlichen Basilika aus dem 5. Jahrhundert und auf der anderen Bergseite stößt man auf zwei stille Salzwasserseen, die nur durch einen kleinen Zugang mit dem Meer verbunden sind. Die Gezeitenströmung ist dort so stark, dass die Menschen lange Zeit damit ihre Wassermühlen antrieben.
Salzseen im NationalparkWährend der Fahrradtour zum See und Kloster halten wir nach den Mungos Ausschau, die auf Mljet ausgesetzt wurden, um einer Schlangenplage Herr zu werden. Wir haben leider kein Glück und bekommen keine der possierlichen Schleichkatzen zu Gesicht. Nachdem es nun auf der Insel keine Schlangen mehr gibt, nimmt leider auch die Population der einheimischen Vögel ab, denn es stehen nicht nur Schlangen, sondern auch Eier auf dem Speiseplan der Mungos.
Inmitten der waldigen Seelandschaft im Nordwesten der Insel bildet ein Kloster einen Anziehungspunkt nicht nur für Kultur- und KunstkennerInnen und jene, die es werden wollen. Pittoresker könnte die Szenerie gar nicht sein, steht das Kloster doch auf einem Inselchen inmitten des Veliko Jezero, des Großen Sees. Die Benediktiner bauten das abgeschiedene Kloster auf der winzigen Seeinsel, in dem sich wahrlich Ruhe finden ließ, unter der Schutzpatronin der heiligen Maria, Sveta Marija.
Mittlerweile sind sowohl die Ruhe als auch die Benediktinermönche verschwunden: Die einen wurden im 19. Jh. vertrieben und die Ruhe durch Tausende Besucher ab dem 20. Jahrhundert gestört, die dieses kleine Juwel pro Jahr aufsuchen. Die Anlage verfügt schließlich über eine schöne Gastronomie. Die Kirche wird neuerdings ihrer ursprünglichen sakralen Bestimmung zurückgeführt.
Inmittendrin ist Insel mit Kloster Sv. MarijaDie Klosteranlage mit Kreuzgang und Keller hat kunsthistorisch einiges zu bieten. Es lohnt sich, die Augen beim Durchwandern des Gebäudekomplexes aufzusperren, um die romanischen, Renaissance- und barocken Spuren zu entdecken. Erwähnenswert ist vor allem die spätromanische Vorhalle mit ihren hohen Heiligenfiguren im Hochrelief vom Ende des 12. Jhs. 1869 erfolgte die Säkularisierung, die wie immer nichts Gutes für die Anlage bedeutete: Teilweise beherbergte sie die Forstverwaltung der Insel und kurze Zeit von 1959 bis 60 ein Hotel.
Hier in dieser ehemaligen Abgeschiedenheit und lieblich herber Waldlandschaft entstanden einige der wichtigsten mittelalterlichen Schriften der kroatischen Kultur. Die Insel Mljet hat offenbar schriftstellerisches Potenzial. Wer also über die erste Seite des eigenen Romans nicht hinauskommt, dem sei dringend ein langer Aufenthalt auf der (Schriftsteller-) Insel Mljet empfohlen. Zumal allenthalben kulinarische Genüsse die Inspiration fördern.
Apropos kulinarische Genüsse: Auf der anderen Seite der Insel, ganz im Osten, liegt die Saplunara Bucht. Der Name leitet sich vom lateinischen sabulum – Sand ab, der von hier auf die ganze Insel zum Hausbau abtransportiert wurde. Hier gibt es eine Handvoll hervorragender Restaurants die die traditionelle Oktopus Peka anbieten – einen Eintopf in der charakteristischen Kochglocke. Nirgends sonst in Kroatien haben wir jemals wieder eine so gute Peka gegessen. Wer in den Genuss kommen möchte, sollte allerdings am Vortag reservieren und vorbestellen. Die Peka kocht einige Stunden im Feuer. Der Oktopus wird weich und zart. Dazu passt ein gut gekühlter Malvasia.